Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem: Gespräch auf dem SPD-Parteitag

Ofir Katz (Meretz) hat nichts gegen ein US-Botschaft in West-Jerusalem einzuwenden, „wenn gleichzeitig Ost-Jerusalem als palästinensische Hauptstadt anerkannt wird“. Dies betont er im Gespräch mit Tobias Pietsch (Willy Brandt Center Jerusalem) auf der Wilhelm-Dröscher-Bühne des SPD-Parteitags. Ofir Katz ist als Repräsentant der sozialdemokratischen Meretz-Partei, einer der israelischen Schwesterparteien der SPD, nach Berlin gekommen.

Die von Trump angekündigte Verlegung der Botschaft sei aber der zweite Schritt vor dem ersten, so Ofir. Deswegen erschwere das eine Verständigung und er hofft, dass dies nicht das Ende des Friedensprozesses bedeutet. Die Menschen in Jerusalem hätten in erste Linie Angst davor, was die Trump-Ankündigung als Reaktion auslöst, erläutert Ofir Katz. Tobias Pietsch wies darauf hin, dass zunächst drei „Tage des Zorns“ und der Demonstrationen angekündigt seien.

Ofir bezweifelt, dass es ein vereinigtes Jerusalem gibt. „Es gibt eine klare Teilung und keine Vereinigung. Viele Bürgerinnen und Bürger kennen die andere Hälfte der Stadt nicht.“ Tobias ergänzt, dass es kaum Gelegenheiten gebe, sich im täglichen Leben zu treffen. „Es gibt sehr viel Misstrauen. Deswegen haben wir das Willy Brandt Center gegründet“, erinnert er an die gemeinsame Initiative der Jusos und der Jugendorganisationen von Meretz, Awoda und Fatah von 1996. „Das Willy Brandt Center ist eine Plattform, wo sich junge Menschen treffen, die an ein friedliches Zusammenleben glauben.“

Tobias fragt Ofir nach seinen Erlebnissen mit israelisch-palästinensischen Begegnungen im Willy Brandt Center. „Die Palästinenser waren überrascht, dass wir arabische Ausdrücke verwenden“, antwortet er. „Sie wussten gar nicht, wie sehr die israelische Kultur von der arabischen Sprache und Kultur beeinflusst ist.“ Er habe dort persönlich erfahren, wie schwer die Lebensbedingungen in der West Bank seien, und wie viele Hindernisse es alleine auf dem Weg zu den gemeinsamen Treffen gebe. Viele Junge Menschen würden das Leben der Palästinenserinnen und Palästinenser nur aus der Perspektive ihre Armeezeit kennen, bedauert Ofir Katz.

Der junge Meretz-Politiker berichtet davon, dass Zehntausende gegen Benjamin Netanjahu demonstriert und seinen Rücktritt gefordert haben. Vier Korruptionsanklagen liefen gegen den Ministerpräsidenten, der gleichzeitig versuche, die Arbeit der Polizei zu sabotieren.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie groß die Opposition gegen Netanjahu sei, antwortet Ofir: Zwischen den Wahlen seien die Kräfteverhältnisse zumeist 50 zu 50, und zurzeit wachse der Anteil der linken Parteien. Vor den Wahlen habe es Netanjahu aber immer geschafft, mit einer fremdenfeindlichen Kampagne die Mehrheit zu seinen Gunsten zu drehen. „Ich hoffe, das wird nicht noch einmal passieren.“